Prof. Dr. Christoph Krummacher geht in den Ruhestand

Im Mai 2014 feiert der Direktor des Kirchenmusikalischen Instituts der Hochschule für Musik Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig seinen 65. Geburtstag und geht mit Ende des laufenden Semesters in den Ruhestand. In seiner über zwanzig Jahre dauernden Tätigkeit dort hat Christoph Krummacher das Institut neu aufgebaut und zu einer der führenden Ausbildungsstätten für Kirchenmusik in Deutschland gemacht. Darüber hinaus gab er wichtige Impulse für die kirchenmusikalische Ausbildung in Deutschland sowie zum Verhältnis von Musik und Theologie. Mit ihm verlässt eine prägende, weithin bekannte Persönlichkeit den aktiven Dienst.

Christoph Krummacher entstammt einer alten Theologenfamilie, die bereits in der sechsten Generation bekannte Theologen hervorgebracht hat. Sein Vater war von 1955 bis 1972 Bischof der Pommerschen Evangelischen Kirche mit Sitz in Greifswald.

Christoph Krummacher wuchs in die Welt der Kirchenmusik hinein. Bereits als Knabe sang er im Greifswalder Domchor mit; er erlebte die Greifswalder Bachwochen und erhielt Orgelunterricht bei LKMD Hans Pflugbeil, dem Greifswalder Domkantor und Direktor der dortigen Kirchenmusikschule, der die Bachwochen ins Leben gerufen und viele Jahre künstlerisch geleitet hat. Nach dem Abitur entschied sich Krummacher zum Studium der Kirchenmusik und (im Nebenfach) der Theologie. Stationen seiner Ausbildung waren die damalige Kirchenmusikschule Dresden (B-Prüfung), die Universität Greifswald und die Leipziger Musikhochschule (A-Prüfung).

Seine erste Stelle erhielt er 1975 in Brandenburg. Neben dem Domkantorat übernahm er eine Dozentur am dortigen Evangelischen Predigerseminar. 1980 erfolgte seine Berufung zum Universitätsorganisten in Rostock, wiederum verbunden mit einer kirchenmusikalischen Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät. Die Verbindung zum Gemeindedienst blieb erhalten, denn er amtierte zugleich als Kantor der St.-Jakobi-Gemeinde Rostock. Neben zahlreichen künstlerischen Aktivitäten, z. B. als Künstlerischer Leiter des jährlich stattfindenden Internationalen Rostocker Orgelsommers, beschäftigte sich Krummacher intensiv mit der Theologie und wurde 1991 zum Dr. theol. promoviert.

Nach der friedlichen Revolution 1989 bestand die Möglichkeit und Notwendigkeit, das traditionsreiche Kirchenmusikalische Institut in Leipzig wieder aufzubauen. 1992 wurde Krummacher zu dessen Direktor und zum Professor für Kirchenmusik berufen. Große Aufgaben waren zu lösen, und Krummacher setzte sich mit aller Energie und großem Erfolg dafür ein. Die Kirchenmusikausbildung war als solche an den staatlichen Musikhochschulen der DDR abgeschafft worden; es gab In Leipzig offiziell lediglich das Studium des Faches Orgel im Rahmen der Abteilung Tasteninstrumente. (Dass trotzdem kirchenmusikalische Ausbildungsinhalte vermittelt wurden, war der Initiative einzelner Dozenten zu verdanken.) Nun galt es, das kirchenmusikalische Profil neu zu entwickeln, entsprechende Stellen einzurichten und zu besetzen, Räume und Instrumente bereitzustellen. Außer dem A-Studium wurde die Möglichkeit zum Ablegen der B-Prüfung geschaffen.

In den Kammermusiksaal der Leipziger Hochschule wurde 1998 eine Orgel der Firma Patrick Collon (Belgien) eingebaut. 2002 folgte die Konzertorgel im Großen Saal der Hochschule, erbaut vom Hermann-Eule-Orgelbau Bautzen.

Durch seine Doppelqualifikation als Musiker und Theologe war Krummacher die inhaltlich-kirchliche Seite des Kirchenmusikstudiums besonders wichtig. Er lehrte die theologischen Fächer (Liturgik, Hymnologie) selbst und bewirkte eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Theologischen Fakultät der Leipziger Universität.

Bereits in früheren Funktionen hatte Krummacher seine Bereitschaft zur Übernahme öffentlicher Verantwortung bewiesen. Während und nach der friedlichen Revolution war er Mitglied im Rostocker Bürgerkomitee zur Auflösung der MfS-Bezirksbehörde, parteiloser Abgeordneter der Rostocker Bürgerschaft und Vorsitzender des Kulturausschusses. In Leipzig wurde er 1997 zum Rektor der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy gewählt und hatte dieses Amt bis 2003 inne. Er engagierte sich stark und erfolgreich in der sächsischen Hochschulpolitik. 2007 übernahm er das Präsidium des Sächsischen Musikrates und ist in dieser Funktion bis heute tätig.

Die genannten Aufgaben und Funktionen scheinen bereits das Maß möglicher Belastung zu erfüllen bzw. zu überschreiten. Doch sie alle gruppieren sich um Krummachers künstlerische und pädagogische Arbeit als Mitte seines Tuns. Er ist ein international bekannter Organist und reiste zu Konzerten, Kursen sowie als Juror in viele Länder Europas, nach Asien und in die USA. Zahlreiche Tonaufnahmen (besonders von Werken der norddeutschen und altfranzösischen Orgelmusik sowie von Johann Sebastian Bach) dokumentieren seine künstlerische Tätigkeit. von 2004 bis 2009 war er nebenamtlicher Universitätsorganist in Leipzig.

Die Emeritierung Christoph Krummachers markiert nicht nur einen Einschnitt in der Geschichte des Leipziger Kirchenmusikalischen Instituts, sondern in der Kirchenmusikszene ganz Deutschlands. Zusammen mit dem Autor dieses Textes erinnern sich viele Kollegen und Freunde dankbar an die konstruktiven, besonnen vorgetragenen, aber in der Sache unmissverständlich klaren Beiträge in vielen Diskussionen, z. B. in der kirchenmusikalischen Direktorenkonferenz, deren Vorstand er viele Jahre angehörte. Dass der Kirchenmusikerberuf seine Verankerung im Leben der Gemeinde behält und von dort her seine Kraft schöpft, war stets Grundlage und Ziel seines Wirkens in der kirchenmusikalischen Ausbildung. Seine theoretischen Arbeiten zum Selbstverständnis der Kirchenmusik und zum Verhältnis von Musik und Theologie bilden dafür eine wichtige Basis und Argumentationshilfe. Die Kirchenmusik in Sachsen sowie in ganz Deutschland hat Christoph Krummacher viel zu verdanken.

Es sei mir gestattet, ein persönliches Wort anzufügen. Ich hatte viele Jahre Gelegenheit, mit Christoph Krummacher in den verschiedensten Gremien und an unterschiedlichen Baustellen zusammenzuarbeiten. Voller Dankbarkeit denke ich an gute und intensive Gespräche und das in ihnen gewachsene Vertrauen. Das war und ist nicht selbstverständlich und hat über das Persönliche hinaus unseren Aufgaben sehr genützt.

Man kann und mag sich nicht vorstellen, dass Christoph Krummachers Stimme nun verstummt. Zunächst ist ihm zu wünschen, dass er befreit von den Pflichten des Berufsalltags sich künftig den Dingen widmen kann, die er schon längst unternehmen wollte und die bisher zurückstehen mussten. Mögen ihm viele weitere, gute Jahre in Gesundheit und Schaffenskraft beschieden sein. Wir freuen uns darauf, auch künftig von ihm zu hören – als Künstler und Autor, als Gesprächspartner und kritisch reflektierendem Zeitgenossen.